Dein Roman ist fertig, das Sachbuch endlich zu Ende gebracht, die Hausarbeit beinahe bereit zur Abgabe. Jetzt fehlt dir nur noch das passende Lektorat, um deinem Text den letzten Schliff zu verleihen. Aber wie findet man eigentlich einen guten Lektor, eine gute Lektorin?
Bevor du dich konkret auf die Suche machst, solltest du überlegen, was du von einem Lektorat – und dem Menschen dahinter – eigentlich erwartest. Wie soll die Zusammenarbeit aussehen? Brauchst du das zweite Paar Augen nur für ausgewählte Textstellen oder für das gesamte Manuskript? Kommt für dich eher ein inhaltliches oder ein stilistisches Lektorat infrage? Oder beides?
Je genauer du weißt, was du willst oder brauchst, desto schneller kann die Zusammenarbeit mit dem Lektor starten. Aber keine Sorge, wenn du dir an einigen Stellen noch unsicher bist: Eine professionelle Lektorin wird auch von sich aus diese Fragen aufwerfen.
Was macht ein gutes Lektorat aus?
Gestatte mir eine Bemerkung vorweg: Ein Lektorat ist keine Naturwissenschaft. Will heißen: Obwohl es gewissen Regeln folgt, müssen selbige nicht sklavisch befolgt werden, und die Ergebnisse sind auch nicht beliebig reproduzierbar. Der gleiche Versuchsaufbau (Lektor überarbeitet Buch) kann zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen. Auch Lektoren sind schließlich nur Menschen. Der eine findet die Geschichte spannend und den Schreibstil brillant, die andere gähnt gelangweilt und möchte die Protagonistin am liebsten auf den Mond schießen.
Natürlich gibt es gewisse Grundsätze für Spannungsaufbau und Figurenentwicklung, sind widersprüchliche Aussagen und Logikfehler nicht einfach eine Frage des Geschmacks. Aber persönliche Vorlieben spielen, häufig unbewusst, eben auch eine Rolle. Daher ist es durchaus möglich, das gleiche Manuskript drei Lektorinnen zu geben und drei unterschiedliche Meinungen zu bekommen.
Bringt ein Lektorat dann überhaupt etwas?
Das hängt stark von deinem Werk ab. Es gibt Texte, die, vorsichtig ausgedrückt, reichlich überarbeitungswürdig sind, es gibt Texte, in denen kaum etwas zu verbessern ist und es gibt Texte, die sich irgendwo in dem weiten Raum dazwischen ansiedeln. Zu welcher Kategorie dein eigenes Buch gehört, wirst du nur herausfinden, wenn du einen Profi daran arbeiten lässt.
In den allermeisten Fällen ist die Frage jedoch mit einem eindeutigen Ja zu beantworten. Ein professioneller Lektor ist nämlich in der Lage, nicht nur zu spüren, DASS ihm etwas nicht gefällt, sondern auch zu benennen, WAS dieses Etwas ist – und vor allem kann er dir sagen, wie du es besser machen kannst. Ziel eines Lektorats ist nicht nur ein schönerer, ansprechenderer Text, sondern auch ein besserer Autor, eine bessere Autorin.
Worauf solltest du bei der Auswahl deines Lektors, deiner Lektorin achten?
Fachliche Qualifikation
„Lektor“ ist keine geschützte Berufsbezeichnung und es gibt auch keinen vorgeschriebenen Weg, den man beschreiten muss, um sich so nennen zu dürfen. Das solltest du bei deiner Suche nach einem passenden Lektorat immer im Hinterkopf behalten.
Nichtsdestotrotz gibt es Anhaltspunkte, die darauf hinweisen, dass jemand sich intensiver mit den Erfordernissen des Berufs auseinandergesetzt hat:
- Sind auf der Website Hinweise auf Weiterbildungen im Bereich Lektorat zu finden? Gibt es Zertifikate?
- Hat der- oder diejenige Referenzen vorzuweisen? Vielleicht sogar schon mit einem (größeren) Verlag gearbeitet?
- Gibt es Hinweise darauf, dass der Lektor schon anderweitig Erfahrung im Umgang mit Texten gesammelt hat? Auch Texterstellung kann beispielsweise ein gutes Training sein. Manchmal schreiben Lektorinnen auch selbst Bücher und kennen daher auch die Autorenseite ziemlich gut.
Nichts davon ist ein Muss. Irgendwann fängt jeder mal an, und auch ein Lektor ohne viel Ausbildung und ellenlange Referenzlisten kann hilfreich sein. Wenn du ein gutes Gefühl hast, lohnt sich die Anfrage in jedem Fall.
Kennt die Lektorin sich mit deinem Genre aus?
Ein weiterer Punkt, auf den du achten kannst, ist eine mögliche Spezialisierung. Die Kolleginnen und Kollegen halten es damit erfahrungsgemäß sehr unterschiedlich. Von „ich lektoriere alles“ bis zu „nur Reiseführer in europäische Länder“ ist quasi alles vertreten, und eine gute Lektorin schafft auch den Spagat zwischen sehr verschiedenen Textgattungen.
Aber es ist eben nicht jeder Lektor, der Thriller und Krimis zu höchster Spannung aufpoliert, auch der richtige Ansprechpartner für Liebesromane. Und nicht jede tolle Romanlektorin kann gut mit Sachbüchern umgehen.
Ob dir eine Spezialisierung bei deinem passenden Lektorat wichtig ist, ist letztlich deine Entscheidung. Vielleicht zählt für dich mehr, dass du dich mit dem Menschen, dem du dein „Buchbaby“ anvertraust, auch mal persönlich treffen kannst. In dem Fall ist ein lokal ansässiges Lektorat sinnvoll.
Hat der Lektor schon mal was von „Zielgruppe“ gehört?
Zugegeben, Zielgruppe und Genre sind auf den ersten Blick sehr nahe miteinander verwandt. Zielgruppengerechte Sprache ist auch, je nach Texttyp, unterschiedlich wichtig.
Trotzdem solltest du dir Gedanken darüber machen, ob diese Frage für dich von Bedeutung ist. Suchst du ein Lektorat für Webtexte, kann die Antwort durchaus anders ausfallen als bei einem Reiseführer durch Italien.
In jedem Fall gilt: Je besser deine Sprache auf deine Zielgruppe abgestimmt ist, desto eher wird sie deinen Text lieben! Liebhaber dicker Mittelalterromane werden erstaunt die Augenbrauen hochziehen, wenn zwei Adelige des 13. Jahrhunderts sich plötzlich siezen. Jugendsprache wirkt bei gestandenen Erwachsenen oft unangemessen und künstlich, manchmal auch lächerlich. Und Leserinnen im Teenager-Alter können mit Stars der 70er oder 80er meist nicht viel anfangen, weshalb sich ein optischer Vergleich der Romanfigur mit einer berühmten Persönlichkeit aus dieser Ära nicht unbedingt anbietet.
Ist dir der Lektor, die Lektorin sympathisch?
Nicht zu unterschätzen ist auch die Sympathie zwischen dir und dem Lektor. Seid ihr auf einer Wellenlänge? Fällt die Kommunikation euch leicht? Hast du das Gefühl, bei diesem Menschen in guten Händen zu sein – sowohl du als Autorin als auch dein Buch? Gemeinsame Arbeit an einem selbstverfassten Text funktioniert am besten, wenn man sich miteinander wohlfühlt.
Objektive Kriterien für diesen Punkt gibt es nicht; wenn es um Zwischenmenschliches geht, ist das Bauchgefühl der beste Ratgeber. Schau dir also ruhig ein paar Websites an, mach dir ein erstes Bild, auch im wörtlichen Sinne, und nimm Kontakt auf, wenn dir jemand sympathisch erscheint.
Viele Lektorinnen und Lektoren bieten auch ein Telefonat zum gegenseitigen Kennenlernen an. Wenn du keine ausgewiesenen Telefonzeiten findest, ruf aber besser nicht einfach an. Schreib lieber eine E-Mail und vereinbare einen Telefontermin. Textarbeit erfordert Ruhe und Konzentration. Ein ständig klingelndes Telefon lenkt da nur ab.
Last, but not least: Der Preis
Der Preis für ein Lektorat wird üblicherweise nach Normseiten berechnet. Dahinter verbirgt sich eine bestimmte Zeichenanzahl pro Seite, meist zwischen 1500 und 1800 Zeichen inklusive Leerzeichen. So sind Texte wesentlich besser in ihrem Umfang miteinander vergleichbar, denn die Zeichenzahl ist unabhängig von Schriftart und -größe, Abbildungen oder Fußnoten.
Das Lektorat ist einer der teuersten Posten bei der Veröffentlichung eines Buches. Ein vierstelliger Betrag ist schnell erreicht. Gerade für Selfpublisher ist das eine gehörige Stange Geld – zumal es keine Garantie dafür gibt, dass man die Kosten durch den Buchverkauf wieder hereinbekommt.
Da ist die Versuchung groß, sich auf einschlägigen Plattformen nach einem billigeren Angebot umzusehen. Das ist natürlich dein gutes Recht. Bedenke dabei aber immer: Für die meisten freien Lektoren ist das Lektorat ihr Broterwerb. Sie wollen – und müssen – davon leben. Wer anbietet, einen 300 Seiten starken Roman für 200 Euro zu lektorieren, kann sich höchstens ein Zubrot verdienen – oder hetzt so sehr durch deinen Text, dass das Lektorat dir letztlich nichts bringt.
Angemessene Bezahlung fördert nicht nur bei dir die Motivation, dich intensiv und gewissenhaft mit deinen Aufgaben auseinanderzusetzen. Auch, wer vom professionellen Lektorat leben will, muss einen gewissen Mindestumsatz machen, um mit deinem Text sorgfältig umgehen zu können. Und bei dem Aufwand, den ein ordentliches Lektorat bedeutet, musst du auch keine Angst haben, dass die Lektorin sich auf deine Kosten die Taschen füllen will. 😉
Wie kannst du trotzdem beim Lektorat sparen?
Schau einmal genau hin, was du für den verlangten Preis bekommst. Allgemein ist es üblich, zwei Lektoratsschleifen anzubieten, in denen der Lektor inhaltliche und sprachliche Aspekte getrennt voneinander bearbeitet. Dabei fällt naturgemäß sehr viel mehr auf als bei einem einzelnen Durchgang. Das kommt der Qualität deines Textes zugute.
Nichtsdestotrotz gibt es oft auch die Möglichkeit, nur einen Durchgang zu buchen. Das ist zwar oberflächlicher, kostet aber auch weniger, und vielleicht möchtest du ohnehin nur entweder ein stilistisches oder ein inhaltliches Lektorat.
Einige Lektorinnen bieten auch eine Art „Lektorat light“ an, bei dem sie dein Manuskript im Ganzen einschätzen. Dabei arbeiten sie zwar nicht so tiefgehend an deinem Text wie bei einem „klassischen“ Lektorat, aber du bekommst trotzdem wichtiges Feedback zu inhaltlichen Lücken, Widersprüchen oder deinem Schreibstil.
Wo also findest du nun ein passendes Lektorat?
Die Überlegungen sind abgeschlossen, nun geht es ans Suchen. Hier kommen einige Vorschläge, wo du einen passenden Lektor findest:
- Im Verzeichnis des Verbands der Freien Lektorinnen und Lektoren (VfLL): https://www.lektoren.de/.
- Über die Mailingliste des VfLL (vor allem bei dringenden oder sehr spezifischen Anfragen): https://www.vfll.de/lektor-in-finden/auftragsanfrage/.
- Über Google (oder eine andere Suchmaschine deiner Wahl).
- Über Bücher, die dir gut gefallen haben: Oft ist dort ein Vermerk zu finden, wer das Buch lektoriert hat.
- Über Empfehlungen von Freundinnen, Bekannten oder anderen Autoren.
- In Facebook-Gruppen oder auf einschlägigen Plattformen.
Ein Wort zum Schluss: Kommunikation ist die halbe Miete
Egal, auf wen deine Wahl fällt: Es ist wichtig, dass du mit deinem Lektor kommunizierst. Sag von Anfang an genau, was du haben möchtest, sprich ab, was du erwartest. Sollen die Korrekturen direkt in den Text eingearbeitet werden? Möchtest du alles noch einmal gegenprüfen? Bevorzugst du direkte Worte oder möchtest du die Kritik nicht weniger ehrlich, aber doch ein bisschen liebevoll verpackt?
So manche dieser Fragen wird die Lektorin dir ohnehin stellen, aber sie kann keine Gedanken lesen. Also benenne, was dir wichtig ist. Auch Lektorinnen und Lektoren fühlen sich in der Regel wohler, wenn sie wissen, was von ihnen erwartet wird.
PS: Du darfst auch gern einen Blick in mein Angebot werfen. Vielleicht hast du deine passende Lektorin ja schon gefunden. 😉